Je suis


In den Wochen nach dem Attentat auf Charlie Hebdo und den Supermarkt für koschere Lebensmittel in Paris am 07. Januar 2015 zeichnete ich unter dem Titel „Je suis“ 77 Selbstportraits. Ausgelöst durch die mörderischen Attentate und die zunehmenden Angriffe auf Juden in Europa befand ich mich in einem Wechselbad der Gefühle.

 

Ich stelle in der Installation „Je suis …“ Fragen, die sich aus meiner Vergangenheit und aus der deutschen Geschichte ergeben. Es gibt Untiefen in unserer Demokratie. Wir messen mit zweierlei Maß, wenn unsere westlichen Interessen durchzusetzen sind.

 

Wäre ich in jungen Jahren bei der RAF gelandet, nur durch den Weggang nach Frankreich daran gehindert? Wäre ich Nazi geworden wie meine Mutter als junges Mädchen? Oder Regimegegner wie mein Großvater? Was bringt junge Leute dazu, derart radikale Dinge zu tun? Sind die Beweggründe vergleichbar? Woher kommt der Hass? Was macht die Verführung aus?

 

Aus: Nachdenken über das Attentat auf die Redaktion von Charlie Hebdo im Januar 2015, Brele Scholz


Je suis - Uhrenturm Aachen - Mai 2015

Kuratoren: Karin Odendahl & Arndt Lorenz - Maße: Raumabhängig - Holzfiguren: Kirschwurzel, Hainbuche, 77 Tuschezeichnungen, eigene Texte. Fotografien: Brele Scholz & Karin Odendahl


Je suis - Stadtmuseum Rees - September 2015

Maße: Raumabhängig - Holzfiguren: Kirsche, Hainbuche; 77 Tuschezeichnungen; eigene Texte; Bild aus dem Lebensfries - Fotografien: Brele Scholz


Je Suis - ostrale'19 - dresden


Die Narben im Gesicht der Welt

Erschienen am 18.07.2019 in Freie Presse, Dresden.

Von Matthias Zwarg (Ausschnitt)

 

Die Installation "Je suis" von Brele Scholz - hier ein Ausschnitt - entstand nach dem Attentat auf die Satirezeitschrift Charlie Hebdo. In Selbstporträts fragt die Künstlerin nach dem Verhalten in den Konflikten der Welt.

 

Manchmal ist das Naheliegende das Berührendste, das, was einem am nächsten geht. Weil es so naheliegt. In den Wochen nach den Attentaten auf die franzö-sische Satirezeitschrift Charlie Hebdo und einen koscheren Supermarkt zeichnete die deutsche Künstlerin Brele Scholz 77 Gesichter in schnellen schwarzen und roten Tuschestrichen, die sie "Selbstporträts" nennt und auf denen sie doch nicht erkennbar ist. Die Zeichnungen sind an die Wand gepinnt, davor hockt eine in sich gekrümmte, verzweifelte Holzfigur und schaut verzweifelt-zweifelnd auf die ebenso krakelig an die Wand gekritzelten Sätze: "Ich bin eine der namenlosen Toten im nassen Grab des Mittelmeeres. Ich bin eine der vergewaltigten jesidischen Frauen. Ich bin der zu 1000 Peitschenhieben verurteilte Blogger ..." Die Installation sagt weniger als sie fragt "Wer bin ich?" in all diesen Konflikten in der Welt, in denen jeder gegen jeden zu kämpfen scheint. Obwohl die Dinge hier ganz deutlich benannt werden, lässt das Werk Fragen offen, fordert es den Betrachter auf, selbst Stellung zu beziehen. Es sind solche Arbeiten, die den Reiz der Ostrale in Dresden, der Biennale für zeitgenössische Kunst, ausmachen....